All kei Norke net!

Die folgende Geschichte hat sich angeblich vor einiger Zeit zugetragen. Sie charakterisiert die noch immer vorhandene Weltoffenheit der Norkener, die schon die Menschen aus Breese als Asylanten betrachten.
(Wortlaut entnommen aus der Dorfchronik von Norken)


Die Haupstrasse von NorkenWer kennt Norken? Gewiß nicht allzuviele. Und doch ist es ein Westerwalddorf wie manches andere. Zwischen die große und die kleine Nister ist es hingeworfen mittewegs Neunk- und Bretthausen. Mit ersterem ist es durch eine "Lange Guck" verbunden, die hinab durch dunklen Tannenwald, hinauf durch grünende "Urles" führt. Ober Bretthausen geht es die "Juchei" hinab zur großen Nister. Die Dächer des Dorfes reichen lang herunter, fast bis zur Erde, damit ihnen das Hui des Westerwaldwindes, der hier recht unverfälscht bläst, nicht allzusehr an den Strohkaputzen zausen kann. Die Bretterbeschläge nach der "Woastseit" sind recht hübsch bunt bemalt. Die Dorfstraße weist mächtig viel Basaltbrocken, und bei Regenwetter ebensoviele "Püddel" auf. Morgens früh bläst der Kuh- und mittags der Säuhirt. Um die Geisterstunde aber hallt des Nachtwächters langgezogenes "Tuhu-hut" zwölfmal nacheinander durchs Dorf.

Und trotzdem und deshalb war der Hannphilip stolzer auf sein Nest, als es ein Berliner auf die Reichshauptstadt sein kann. Freilich, viel weiter als nach "Breäsen" (Bretthausen) und "Nönkhause" (Neunkausen) und allenfalls, seit die Bahn lief, "noh dem Koef" war er auch nicht gekommen. Nur einmal fügte es das Geschick, daß er eine weite Reise machte, daß er nach "Wißboare" kam. Dessen Namen hatte er oft genug gelesen auf dem großen Blechschilde am ersten Hause des Dorfes, aber es war für ihn doch immer so gewesen, als ob es zum "Ausland" gehörte, und es hatte ihm geschienen, als ob es dahin soweit wäre wie nach Amerika.

Das er nun auf seine "ahl Daag" in die ferne Stadt gekommen war, war so zugegangen: Sein Liß hatte sich dahin verheirate. Erst hatte er sich mit Armen und Füßen dagegen gewehrt, sein Kind in die weite Welt und unter wildfremde Leute zu schicken, aber schließlich hatte er nachgeben müssen. Hatte auch nachgeben müssen, als es ihm immer und immer wieder in den Ohren lag, daß er sie einmal in Wiesbaden besuchte.

Das "Liß" hatte dem "Babbe" alles gezeigt, was es in Wiesbaden an Sehenswertem gab. Ans Kurhaus hatte es ihn geführt (er hatte Kuhhaus verstanden und sich erst gewaltig verwundert, daß in so einem feinen Haus Kühe sein sollten), durch all die feinen Straße mit den prächtigen Häusern, die wie Königsschlösser aussahen. An dem Kochbrunnen hatte er gestaunt, daß da "Damp" heraus kam ohne Feuer. Auch getrunken hatte er von dem Wasser, das wie "Fleischbrühe" schmeckte. Mit der Bahn waren sie gefahren, die ohne Gäule und ohne Kühe fuhr. Aber als sie sich müde gelaufen und abends bei dem Liß in der Küche saßen, und die Tochter ihn gefragt hatte. "Na, Babbe, wie hat dir dann Wißboare gefalle?", da hatte er seinen Kopf geschüttelt und gesagt: "All kei Norke net!"

Und als er wieder daheim war vorn der großen Reise und die Nachbarn kamen uns stellten die gleiche Frage, da hat er auch denen geantwortet: "Oen ganz Wißboare kei einzisch Schauendor - all kei Norke net!"

Seitdem lebt Hannphilipps Wort auf dem Westerwald, und wenn ein Wäller in sein Dorf heimkehrt und gefragt wird nach der Schönheit der Fremde, so sagt er "allemoal" "All kei Norke net!"


Diese Geschichte hinterläßt den faden Nachgeschmack, der auch entsteht, wenn man beim rumzappen auf einen Heimatfilm aus den frühen ssehczigern stößt. So ist Norken aber nicht. Es ist alles wesentlich bizarrer, wie ein Blick auf die Sitten und Bräuche des Ortes zeigt. Eine Einführung in die Sprache gibt es hier.

Informationen über die heutigen Zustände in Norken gibt die Homepage des Ortes!

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