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Wahrnehmung als Abbildung der Realität

Die orthodoxe Sichtweise, die gerade den objektiven Naturwissenschaften unterliegt, versteht Wahrnehmung als Abbildung der Realität in unseren Geist. Dabei orientiert sie sich am Abbildungsbegriff aus der geometrischen Optik, bei dem ein Gegenstand aus dem Gegenstandsraum in den Bildraum projiziert wird.

  

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Abbildung 1: Abbildung vom Gegenstandsraum in den Bildraum

Wahrnehmung ist eine Abbildung der Realität in unser Gehirn. ``So wie der Gegenstandsraum auf den Bildraum abgebildet wird, so wird die Wirklichkeit auf den Bildschirm des Bewußtseins eines erkennenden Objekts projiziert.''siehe

Bei dieser Abbildung, so der orthodoxe Standpunkt, wird die Realität nur wenig verzerrt. Dies scheint eine unbedingt notwendige Forderung an unseren Wahrnehmungsapparat zu sein:

``Wir nehmen - so scheint es - wahr, um Dinge und Vorgänge so zu erkennen, wie sie tatsächlich sind, im Gegensatz zu Vorstellungen, Vermutungen und Wünschen. Wenn wir über die Straße gehen, dann ist es wichtig, daß wir genau feststellen, ob ein Auto kommt, und falls ja, aus welcher Richtung und mit welcher Geschwindigkeit.''siehe
Eine starke Unterstützung erhält die These, daß die Objekte in unserer Wahrnehmung den Objekten der Realität sehr ähnlich sind, durch die biologische Evolutionstheorie.

Die Evolutionstheorie beschreibt die Entstehung der Arten als einen fortwährenden Prozeß der zufälligen Veränderung (Mutation, Vererbung, usw.) und der Auswahl der bestangepaßten Eigenschaften an die Vorgaben der Umwelt (Selektion). Arten, die gut an ihre Umwelt angepaßt sind, sind evolutionär stabil und überleben viele Generationen. Schlecht angepaßte Lebensformen sterben aus.

Einige Biologen haben nun den Schluß gezogen, daß Lebewesen umso besser überleben, je genauer sie die tatsächlichen Verhältnisse erfassen. So sehen wir ein Indiz für die Überlegenheit des Menschen gegenüber den Tieren darin, daß wir die Welt objektiver erkennen können.

Eine Grundaussage der evolutionären Erkenntnistheorie, die versucht die Frage nach der Objektivität unserer Wahrnehmung durch die Evolutionstheorie zu erklären, lautet:

``Die Evolution der Sinnesorgane und der Nervenzellen ist unter dem Überlebensdruck zu immer komplexeren und damit leistungsfähigeren Organisationsformen vorangeschritten, und wir Menschen bilden den End- und Gipfelpunkt dieser Entwicklung''siehe
Der orthodoxe Standpunkt besagt also, daß wir im wesentlichen die objektiven Eigenschaften der Welt wahrnehmen. Unsere Wahrnehmung bildet die Realität hinreichend unverzerrt ab. Diese Sichtweise beantwortet die von von Foerster gestellte Frage ``Bin ich vom Universum getrennt, d.h. sehe ich wie durch ein Guckloch auf das vor mir sich entfaltende Universum?'' mit ``Ja, Beobachter und Beobachtetes sind voneinander trennbar!''
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Fre Sep 22 23:38:14 CEST 2000