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Einleitung und Übersicht

  Ich habe im Sommersemester 2000 an der Universität Frankfurt am Main an dem von Prof. Dr. Horst Rumpf geleiteten Kolloquium ``Verfremden, Lernen, Lehren'' teilgenommen. Dort lernte ich Verfremdung als ein wichtiges pädagogisches Instrument kennen. Durch die Verfremdung von scheinbar bekannten Sachverhalten können wir die Welt neu, anders und damit besser kennenlernen. Prof. Rumpf zeigte anhand vieler Beispiele, wie dieses Instrument eingesetzt werden kann.

Im Verlauf des Kolloquiums wurden verschiedene Typen der Verfremdung vorgestellt. Bei allen Typen werden Wahrnehmungsroutinen erschüttert. Ich denke, daß sich dies für zwei Arten der Verfremdung in einem theoretischen Kontext als eine Auflösung von Superzeichen, bzw. bei einem dritten Typ, als ein Einwirken auf die erlernten Auftrittswahrscheinlichkeiten von Signalen beschreiben läßt. Was ich damit meine, versuche ich in diesem Text darzustellen.

Im Wintersemester 1999/2000 habe ich Felix von Cubes kybernetisch-informationstheoretische Didaktik kennengelernt. Hierin ist die Redundanztheorie des Lernens ein zentraler Punkt, um Lernprozesse quantitativ zu analysieren. Ein wesentlicher Begriff ist hier die Information eines Signals, wie er in der Informationstheorie definiert wird.

Prof. Rumpf hat mich im Rahmen des Kolloquiums auf das außerordentlich erhellende Buch ``Das Gehirn und seine Wirklichkeit'' von Gerhard Roth [Roth] aufmerksam gemacht. In diesem Buch werden unter anderem neurobiologische Ergebnisse über die Funktionsweise unseres Gehirns und unsere Wahrnehmung dargestellt. Einige der Ergebnisse geben Hinweise auf die Verwendbarkeit der Redundanztheorie des Lernens, um Lernprozesse quantitativ zu analysieren. Dies möchte ich hier für den Akt der Verfremdung versuchen.

Im nächsten Abschnitt werde ich vorstellen, was wir in dem Kolloquium als Verfremdung kennengelernt haben und inwiefern sie ein wichtiges Instrument ist, um die Welt zu erschließen - um zu lernen. Ich werde einige Typen der Verfremdung vorstellen, die wir im Kolloquium klassifiziert haben, und erläutern, wie Fremdes, Bekanntes und Verfremdung miteinander in Beziehung stehen.

Im dritten Abschnitt werde ich Felix von Cubes Redundanztheorie des Lernens beschreiben. Ein sehr wichtiger Begriff ist dort die Information eines Signals. Die Theorie benutzt in wesentlichen Punkten Aussagen aus der Informationstheorie. Ich habe versucht, den dort definierten Informationsbegriff, der dem Alltagsverständnis zu widersprechen scheint, transparent zu machen.

In Abschnitt vier stelle ich einige neurobiologische Ergebnisse über den Vorgang der Wahrnehmung in menschlichen Gehirnen dar. Eine besondere Rolle wird hier die Erfahrung und das Gedächtnisbild spielen. Die neurobiologischen Ergebnisse zeigen, daß die von Cube formulierten Mechanismen verwendet werden können, um menschliches Lernen zu analysieren.

Im letzten Abschnitt werde ich erläutern, welche Prinzipien mir bei einigen Typen der Verfremdung zugrunde zu liegen scheinen. Darüber hinaus bietet die Redundanztheorie des Lernens eine Erklärung dafür, wieso ein Erkenntniszuwachs durch Verfremdung stattfinden kann.


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Son Nov 12 13:51:05 CET 2000